Niederdollendorf Drei Jahre wurde am Paul-Carré in Königswinter-Niederdollendorf gearbeitet, jetzt sind die vier Gebäude mit insgesamt 95 Wohnungen fertiggestellt. Besonders hoch war die Nachfrage nach öffentlich geförderten Wohnungen.
Nach fast drei Jahren Bauzeit ist das Paul-Carré mit seinen vier Gebäuden in Niederdollendorf fertiggestellt. Die Nachfrage nach den insgesamt 95 Wohnungen, die inzwischen alle vermietet und verkauft sind, war riesig.
Für die 65 Mietwohnungen mit öffentlich gefördertem Wohnraum gingen bei den Bauherren und Eigentümern, der Hain/Manstein Bauherrengemeinschaft mit Sitz in Aachen, insgesamt 4700 Bewerbungen ein. Auch die 30 frei verkauften Eigentumswohnungen im Haus 1 an der Heisterbacher Straße wurden innerhalb von nur drei Monaten vermarktet. Nur zwei der drei Gewerbeeinheiten an der Heisterbacher Straße stehen noch leer.
Die 4700 Bewerbungen seien vor allem Interessensbekundungen im Internet gewesen, erläutert Bauherr Michael Hain, aber auch Bewerbungen direkt bei der Stadt. Sie kamen nicht nur aus Königswinter, sondern aus der gesamten Rheinschiene. Wie viele von den Bewerbern einen Wohnberechtigungsschein nachweisen konnte, kann Hain nicht sagen.
Andreas Pätz, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft (WWG), zeigte sich überrascht über die große Zahl der Bewerbungen. „Bei unserem letzten größeren Bauprojekt an der Herresbacher Straße in Oberpleis hatten wir für die 21 Sozialwohnungen eine etwa dreimal so hohe Zahl an Bewerbungen. Die Zahlen sind aber ein klares Signal, wie dringend preiswerter Wohnraum in Königswinter und der Region gesucht wird.“
Auch Bürgermeister Peter Wirtz zeigte sich verwundert über die große Zahl der Bewerbungen für das Paul-Carré. „Fest steht aber, dass die Nachfrage groß ist. Wir sind auch bemüht, Angebote zu schaffen.“ Dies scheitere jedoch meist an den nicht vorhandenen Grundstücken. „Ohne die geeigneten Flächen können wir nicht bauen.“ Auch gebe es immer wieder Akzeptanzprobleme mit den Nachbarn. Hildegard Walter, Leiterin der Sozialverwaltung in Königswinter, bestätigte, dass sie vom Bauherrn des Paul-Carrés eine lange Liste von Bewerbungen bekommen habe. „Wir haben dann nach dem Dringlichkeitskatalog, den der Sozialausschuss beschlossen hat, die Wohnungen in Kooperation mit Herrn Hain vergeben.“
Michael Hain und sein Partner Elmar Manstein fühlen sich in dem Segment des öffentlich geförderten oder preiswerten Wohnraums zu Hause. „In Aachen haben wir vor 25 Jahren mit einem Pilotprojekt begonnen“, sagt Hain. In Bonn baue man zurzeit 86 Studentenappartements an der Römerstraße. Ein deutlich größeres Vorhaben mit 300 Wohnungen werde gleichzeitig in Inden bei Aachen realisiert. „Städte können nicht funktionieren, wenn nur Wohnungen im Segment von 15 bis 20 Euro Miete pro Quadratmeter gebaut werden“, so Hain.
Beim öffentlich geförderten Wohnraum ist die Kaltmiete auf 5,75 Euro festgeschrieben. Die Wohnungen im Paul-Carré, die oft von Familien mit Kindern bewohnt werden, haben Größen von 40 bis 97 Quadratmeter. Das sei für viele Menschen ohne hohes Einkommen noch finanzierbar. „Von unseren Mietern zieht keiner mehr um. Die bleiben alle da wohnen“, schildert der Bauherr die Erfahrungen von vergleichbaren Projekten. Was nachvollziehbar sei: Der Standard sei der gleiche wie bei den frei finanzierten Wohnungen. So seien zum Beispiel alle Bäder behindertengerecht.
Das Belegungsrecht für die Wohnungen liege bei der Stadt Königswinter, mit der man sehr gut zusammenarbeite. „Die Stadt hat den Bedarf festgestellt und mit uns gemeinsam eine Prioritätenliste abgearbeitet“, so Hain. Er ist überzeugt, dass die Wohnungsvergabe in Königswinter gut gelungen ist. „Auf jeden Fall wird hier kein sozialer Brennpunkt entstehen.“
Im Vorfeld hatte es an dem Projekt Kritik gegeben. Die Umplanung von zunächst 67 Wohneinheiten und Gewerberäumen auf 95 Wohneinheiten war von Bürgern und der CDU-Fraktion im Talbereich abgelehnt worden. Die Mehrheit in der Kommunalpolitik hatte jedoch den großen Bedarf nach öffentlich gefördertem Wohnraum in der Stadt gesehen.
Um die Erschütterungen durch die Züge auf der Bahnstrecke neben dem Gelände zu reduzieren, wurde auf der Bahnseite unterirdisch eine zusätzliche Wand mit einer Schallabsorptionsmatte vor die Hauswand gesetzt. Außerdem wurden die Wohnungen so geplant, dass die Bäder und Küchen mit nur kleinen Fenstern zur Bahn hin gehen. Wohn- und Schlafzimmer sind dagegen zum grünen Innenhof hin ausgerichtet, der alle vier Häuser miteinander verbindet.
Ganz so grün wie im Prospekt präsentiert sich dort der frisch eingesäte Rasen nach der langen Trockenheit allerdings noch nicht. Um die Gebäude und die Außenanlagen kümmert sich eine Siegburger Hausverwaltung. Für die Autos stehen 51 Stellplätze in der Tiefgarage und 46 Stellplätze im Außenbereich zur Verfügung.
Die Baukosten sind auch beim Paul-Carré durch die heiß gelaufene Baukonjunktur deutlich gestiegen. Nach einer ersten Kostenschätzung liegt die Gesamtinvestition bei 17,3 Millionen Euro. Gegenüber der ersten Kalkulation im Jahr 2016 hat sich das Projekt damit um zehn bis 15 Prozent verteuert. „Auf Dauer kommen wir auch mit der öffentlichen Förderung für den Bau von Sozialwohnungen nicht mehr aus“, sagt Michael Hain. „Wenn auch die Mieten weiter bei 5,75 Euro gedeckelt bleiben, lässt sich das nicht mehr herstellen.“
Foto: Frank Homann
Text: Von Hansjürgen Melzer – Redakteur Siebengebirge
Zeitung: General Anzeiger